In der irischen Grafschaft Tipperary legen wir Wiesen, Weiden und Getreidefelder aus, um eine möglichst harmonische Landschaft zu erschaffen. Wer ein gemütliches und belohnendes Familienspiel sucht, könnte hier richtig sein.
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„It’s a long way to Tipperary, it’s a long way from home.“ Wenn bei uns das Familienspiel Tipperary (Lookout Spiele) auf den Tisch kommt, habe ich sofort den alten britischen Song im Kopf, ursprünglich ein militärisches Marschlied aus dem frühen 20. Jahrhundert. Wie unpassend, denn bei diesem Brettspiel geht es nicht um Soldaten oder Schlachten – im Gegenteil.
Tipperary: So wird es gespielt
Das irische Tipperary ist ein Ort mit blühenden Wiesen und Weiden, Feldern und Mooren. Die Aufgabe für zwei bis fünf Spielerinnen: Runde für Runde aus Tetris-artigen Puzzleteilen eine Landschaft zu basteln und unter Einhaltung der Wertungsregeln viele Punkte zu erzielen.
Herzstück des Spiels ist eine Drehscheibe mit fünf Bereichen, die jeweils ein Wappen zeigen. In jeden Bereich legt ihr zwei zufällige Landschaftsplättchen. Nach dem Drehen der Scheibe darf jede Person eines der beiden Teile, die zum eigenen Wappen passen, in ihre Landschaft einbauen und sie damit ein Stückweit vergrößern. Weil alle gleichzeitig spielen, auswählen und platzieren, schreitet das Spiel bei zwölf Runden (zu fünft nur zehn) zügig voran. Jeder startet mit einem kleinen Heimatort, an den das erste Plättchen angelegt wird.
Worauf kommt es beim Einbau der Landschaftsplättchen an? Grundsätzliches Ziel und Lieferant vieler Punkte am Ende des Spiels ist eine zusammenhängende, rechteckige Fläche, die keine Lücken aufweist. Gar nicht so einfach, wenn man die Plättchen betrachtet. Sie sind deutlich komplexer und teilweise größer als die bekannten Polyominos aus Tetris und Co.
Außerdem müsst ihr für jeden Landschaftstyp eine separate Wertungsregel im Auge behalten:
- Schafe – sie sind auf Weidefeldern aufgezeichnet, manchmal erhält man auch ein Extraschaf aus Holz, das auf eine leere Wiese gestellt werden darf. Bildet eine möglichst große Schafherde aus angrenzend platzierten Weidefeldern/Schafen (ein Punkt je Schaf in der größten Herde, ggf. noch fünf Punkte für die Bonuskarte „größte Schafherde“)
- Getreidefelder und Destillerien – wann immer ihr diese beiden Typen nachbarschaftlich platziert, schiebt ihr das Whiskeyfass in eurem Heimartort ein Feld voran (gibt Extrapunkte und mehrmals auch ein Bonusschaf)
- Moore – baut sie angrenzend zueinander ein und nehmt dafür ein Extraplättchen vom verdeckten Ablagestapel (unterschiedliche Punkte oder Boni)
- Ruinenfelder – drei in einer Reihe sind notwendig, um als Belohnung eine Burg (3D-Papptürmchen) zu erhalten (damit lassen sich am Spielende Lücken auf dem eigenen Spielplan schließen)
Alle Punkte werden erst nach Abschluss des finalen Durchgangs ermittelt und zusammenaddiert. Nicht vergessen darf man dabei die Punktzahlen, die etwas unscheinbar auf den ausgelegten Steinkreisplättchen aufgedruckt sind. Aus dieser Gesamtpunktzahl ermittelt ihr den Sieger.
Tipperary: Fazit und Wertung
Tipperary bietet erfahrenen Spielerinnen wenig Neues und fällt sogar durch überraschewnde Materialschwächen auf. Dennoch macht das Brettspiel sehr viel Spaß. Woran liegt das?
Zunächst gefällt Tipperary durch zugängliche Regeln und einen flotten Spielablauf. Auch Partien nach längerer Abwesenheit lassen sich ohne Erinnerungslücken bei Optionen und Wertungen sofort starten. Und solange keine Grübler am Tisch sitzen, vergeht kaum eine halbe Stunde für einen Durchlauf mit zwölf Runden. Die freien Bereiche an der Drehscheibe wieder auf zwei Teile aufstocken, drehen – und alle dürfen das nächste Landschaftsteil auswählen.
Der Spielablauf bleibt meistens belohnend, auch wenn das Glück darüber entscheidet, aus welchen Teilen ich überhaupt auswählen darf. Irgendeine Möglichkeit, mein Punktekonto auszubauen, ergibt sich fast immer. Allzu strategisch sollte man ohnehin nicht ans Werk gehen. Fünf Extrapunkte für die größte Schafherde sind nicht zu verachten, aber auf bestimmte ausliegende Weidefelder zu spekulieren, bringt nichts. Besser, man reagiert situativ und macht das Beste aus den zugeteilten Möglichkeiten. Oft waren es die Ruinen, die uns wichtige Lücken auf dem Spielplan schlossen und ein imposantes Rechteck aus 9 x 6 Landschaftsplättchen ermöglichten.
Über die Materialschwächen müssen wir sprechen. Das Säckchen, in dem die Polyominos verstaut werden? Viel zu klein, die 60 Landschaftsteile passen kaum hinein, durchmischen vor dem Ziehen ist nicht möglich. Die Burgtürme aus Pappe? Sind nach dem Zusammenbau eine wackelige Angelegenheit, der Verschluss hält nicht. Seltsam, denn 3D-Pappteile sind im Jahr 2023 doch kein Novum mehr! Und auch die Drehscheibe, eigentlich eine schöne und platzsparende Idee zum Verteilen der Plättchen, hat ein paar Kinderkrankheiten. Man muss ihren Unterbau gut festhalten und beim Schwung holen präzise sein, um eine ausreichende und zufällige Rotation hinzubekommen.
Werden diese Mängel in späteren Auflagen behoben, werden wir das in unserer Bewertung wohlwollend berücksichtigen. Denn Tipperary ist ein gelungenes Familienspiel von Günter Burkhardt (Puzzle Memo Ocean, Biss 20) mit klar abgegrenzten Kategorien, in denen wir punkten können. Auch wenn alle solitär vor sich hin puzzeln, kommt nie Langeweile auf. Das und die einfachen Regeln sind ein Garant für Wiederspielreiz.
Tipperary – auf einen Blick
Tipperary ist ein belohnendes Puzzlespiel zum Wohlfühlen: Wir bauen eine irische Landschaft und punkten dabei in mehreren Kategorien. Macht trotz Materialschwächen viel Spaß.
Autor: Günter Burkhardt | Lookout Spiele | 2023 | 2 bis 5 Personen | ab 8 Jahren | ca. 30 Minuten
Pro
- eingängige Regeln
- flott gespielt
- belohnendes Puzzlespiel ohne Downtime
Contra
- bietet insgesamt wenig Neues
- Drehscheibe, Türme und Beutel sollten für weitere Auflagen überarbeitet werden
Hinweis: Wertungen vergeben wir im Bereich 0 bis 4 Sternen. Spiele mit 0-1,5 Sternen sind sind schlecht, mit 2 bis 2,5 Sternen durchschnittlich. Ab 3 Sternen beginnen die empfehlenswerten Spiele. Nur außergewöhnliche Titel erhalten 4 Sterne („Four-Star Game“).
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