Wyrmgold-CEO Alexander Ommer über seine Zusammenarbeit mit Kultautor Uwe Rosenberg, die Herausforderungen als junger Verlagsgründer und Ziele fürs kommende Jahr.
Brettspielelust: Alexander, auf der SPIEL in Essen habt ihr euch als junger Verlag der Öffentlichkeit präsentiert. Wie lief es an den vier Messetagen?
Alexander Ommer: Im Vorfeld war alles sehr aufregend, aber auf der Messe selbst habe ich mich wie ein Fisch im Wasser gefühlt. Die vielen, netten Menschen, die unser Hobby ausmachen, die unterschiedlichen Nationalitäten, die ganz unterschiedlichen Geschmäcker: All das kommt in Essen geballt zusammen.
Das kanntest du schon von deinen Messebesuchen zuvor, oder?
Alexander: Richtig, ich bin schon viele Jahre auf der SPIEL unterwegs, aber für mich war es das erste Mal, dass ich das meiste nur sehr gefiltert wahrgenommen habe – in meiner 2 x 2 Meter kleinen Kabine hinter den Spieltischen. Durch den Namen Uwe Rosenberg hatten wir sehr großes Interesse bei ausländischen Verlagen geweckt und auch die Presse kam reichlich vorbei.
Ihr wart ja auch an prominenter Stelle in Halle 1 zu finden.
Alexander: Unser Stand an sich war super gelegen – für einen Neuling gleich in Halle 1 zu starten, war ein Traum. Mit Frosted Games hatten wir einen erfahrenen Standpartner, der uns hervorragend unterstützt hat. Ich denke, die Aufteilung hat auch sehr gut gepasst und da wir mit „Attacke!“ einen starken Aufbaupartner hatten, mit dem es reibungslos und auf Zuruf geklappt hat, können wir nicht klagen.
Du hast gerade Uwe Rosenberg erwähnt, der euer Debüt „Robin von Locksley“ entwickelte. Ist schon ein Startvorteil, wenn man das Spiel einer Autorenlegende im Gepäck hat, oder?
Alexander: Na klar ist das ein Riesenvorteil. Uwe und ich kennen uns seit vielen Jahren. Zu Zeiten meines kleinen Hobbyverlags wurde er durch meinen damaligen Illustrator Patrick Soeder auf mich aufmerksam und es war der Beginn einer richtigen Freundschaft. Uwe war ja schon bei unserem anderen Projekt Digidiced maßgeblicher Ideenzünder und da ich das Bedürfnis hatte, wieder näher am analogen Puls zu sein, kamen da genau die richtigen Zwei zusammen. Er hatte, wie so oft, mehr Spieleideen als Verlage und ich inzwischen genug Erfahrung in der Führung von Menschen, dem Organisieren und dem Schleifen von Spieleideen, dass ich es gewagt habe…
…einen eigenen Spieleverlag zu gründen. Wie sieht zurzeit dein Arbeitstag aus? Wer macht bei euch was?
Alexander: Als Team evaluieren wir Prototypen und wenn wir uns in ein Spiel „verliebt“ haben, wird es bei Testrunden ausprobiert und konstruktiv kritisiert. Sobald ein Prototyp in die engere Auswahl kommt, überlege ich mir mit den Autoren zusammen das Thema, wenn es nicht bereits eines hat. Unsere Illustratorin Maren Gutt fängt dann ein paar Zeichnungen dazu an und wenn wir zufrieden sind, legen wir die grafische Richtung fest. Dann kann Maren recht eigenständig den Stil weiterentwickeln und ich kümmere mich um das Regelwerk und die Autorenverträge. Denn schließlich ist es am Ende ja ein Geschäft, von dem wir unsere ganzen Kosten auch bezahlen müssen. Ich hole dann Angebote für den Printrun ein und rechne, bei welchem Material mit welcher Auflage sich das Spiel wie oft verkaufen muss, damit es sich trägt.
Und wie geht es dann weiter?
Alexander: Bei mir stehen weitere Überlegungen an: Wen schreibt man aus dem Ausland an und wie macht man das Spiel, das ja im Moment meist nur aus einer Plastiktüte mit ein paar Pöppeln und einer Basisregel besteht, interessant für mögliche Partner? Werbung muss erdacht werden. Überall und zu jeder Zeit, denn leider verkaufen sich die Spiele auch von einem Uwe Rosenberg nicht mehr von selbst. Dieses Jahr waren es auf der Spiel 1.700 Neuerscheinungen! Da muss man auf sich aufmerksam machen, um in der Flut nicht unterzugehen – gutes Spiel hin oder her.
Das Wyrmgold-Team ist mittlerweile größer geworden. Wer ist noch an Bord?
Alexander: Seit der Messe kümmert sich Holger Herrmann (spielbar) bei uns um den Versand aus unserem neuen Onlineshop und hilft bei redaktionellen Fragen aus. Er hat uns während der Messe unglaublich geholfen, die Organisation der Spiele im Auge zu behalten. Zusätzlich ist seit Dezember 2019 Andreas Fuchs als Sales-Manager mit an Bord und bereichert unser Team mit zusätzlichem Know-how in Verkauf und Werbung. Im kommenden Jahr werden wir zudem den Vertrieb weiter ausbauen, weil wir den Händlern einen direkteren Draht bieten wollen, mit uns zu arbeiten.
Läuft so eine Arbeit noch neben anderen Jobs oder ist das nur Fulltime möglich?
Alexander: Das ist schon ein kompletter Fulltime-Job – es ist auch nicht mehr so viel Zeit im Leben übrig und ich bin dankbar, dass ich Firma und Zuhause wenigstens unter einem Dach habe. Die drei Jungs meiner Freundin sind inzwischen begeisterte Brettspieler geworden, während die Nintendo-Switch nur noch die zweite Geige spielt.
Maren stand voriges Jahr noch ein paar Mal für kleinere Projekte zur Verfügung, aber ich glaube mit dem Pensum, dass wir nächstes Jahr haben, ist es für sie nun auch ein Fulltime Job. Für sie war es übrigens die allererste Spielemesse und sie schwebte noch eine Woche danach glückselig durch Berlin, voll von den Eindrücken und dem sehr positivem Feedback unserer neuen Fans!
Welche Art von Spielen wollt ihr bei Wyrmgold künftig machen?
Alexander: Da legen wir uns eigentlich nur darauf fest: Wir wollen Spiele, die schnell erklärt sind und dann durch Variabilität und Modularität großen Langzeitspaß bieten. Die Spiele dürfen dabei nicht zu simpel sein, aber die Regeln sollten in maximal 15 Minuten erklärt sein.
Konkret gefragt: Welche Spiele kann man von euch 2020 erwarten?
Alexander: Im Moment arbeiten wir an einem Spiel von zwei skandinavischen Autoren, welches eine Hexenjagd zum Thema hat. Es ist ein bisschen düsterer und ein komplexes Zweipersonenspiel. Anfang Januar und spätestens auf der Nürnberger Spielwarenmesse werden wir mehr Details über unsere nächsten Spiele bekannt geben.
Auf welchen Messen oder Events können euch Spielefans 2020 persönlich treffen?
Alexander: Ihr werdet uns nächstes Jahr auf den größeren Treffen finden. Die nächsten Events geben wir immer auf der Wyrmgold-Homepage bekannt. Ganz sicher werden wir in Nürnberg unterwegs sein, allerdings noch nicht mit eigenem Stand, sowie auf den Bremer Spieletagen im März. Die anderen Termine planen wir gerade.
Seit wann hast du beruflich mit Spielen zu tun?
Alexander: Ich bin seit 2003 Gamedesigner, allerdings im Computerspielebereich. 2010 habe ich mit Soylent Games auf Drängen meiner Freunde „Interstellar Mayhem“ im Selbstverlag herausgebracht, danach 2016 Digidiced (für digitale Brettspiele wie Patchwork oder Terra Mystica) mitgegründet.
Und seit wann spielst du privat?
Alexander: Schon seit dem zarten Alter von acht Jahren. Zuhause lagen bei uns die üblichen Verdächtigen wie Monopoly, Go, Schach, Spiel des Wissens und Spiel des Lebens herum. Mit Siedler von Catan fing das dann später wieder an, interessanter zu werden. Spiele sind für mich soziale Interaktion und Denksport in einem. Man kann Spiele mit jedem Menschen spielen, das verbindet auf eine ganz tolle Weise. Man sieht auch sehr gut hinter die Fassade der Menschen. Das fasziniert mich immer wieder. Spiele sind aus meinem Leben auf jeden Fall nicht wegzudenken. Noch mehr liebe ich es aber, (Spiel-)Systeme zu erschaffen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem es mich nicht in den Fingern juckt, etwas zu entwickeln.
Die Fragen stellte Oliver Baentsch.
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